Benennung von Vitaminen
Der polnische Biochemiker Casimir Funk nahm 1912 an, dass alle lebensnotwendigen Stoffe eine NH2-Gruppe enthielten. Er prägte deshalb den Begriff "Vitamin" (aus lat. vita für leben und amin für stickstoffhaltig).
Spätere Untersuchungen zeigten aber, dass bei weitem nicht alle Vitamine Amine sind oder sonstige basische Stickstoffatome enthalten. Ein gutes Beispiel hierfür sind das Vitamin A (Retinol), ein stickstofffreier, ungesättigter Alkohol und das Vitamin C (Ascorbinsäure), eine strukturell den Kohlenhydraten ähnliche, jedoch sauer wirkende Substanz. Neben der chemischen Struktur, die dem Vitamin den Namen gibt, werden auch Buchstaben, kombiniert mit einer Nummernbezeichnung und Trivialname verwendet, oft sogar mehrere für eine Substanz. Heute sind viele nicht mehr gebräuchlich. Lücken in der Buchstabenreihe entstanden, nach dem sich heraus gestellt hatte, dass nicht alle ursprünglichen Isolierungen sich als einheitliche Substanzen erwiesen. Andere, heute weitgehend verschwundene Bezeichnungen für Vitamine waren auch: Komplettine, Nutramine und akzessorische Nährstoffe oder auch Ergänzungsstoffe, weil die chemisch reinen Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate erst durch das Hinzukommen von Vitaminen (und Mineralstoffen) zu vollwertigen Nährstoffen ergänzt werden. Im deutschsprachigen Raum sind sowohl die Buchstaben-/ Nummernbezeichnung des Vitamins als auch die Wortbezeichnung üblich. Von den in der medizinischen Wissenschaft gegenwärtig (2004) bekannten 20 Vitaminen gelten 13 Vitamine als unerlässlich:
Trivialname |
Synonym |
Chemischer Name |
Vitamin A |
Axerophol, Retinol |
Retinol |
Vitamin B1 |
Aneurin |
Thiamin |
Vitamin B2 |
Lactoflavin, Vitamin G |
Riboflavin |
Vitamin B3* |
Vitamin PP, Vitamin B5 |
Niacin** |
Vitamin B5* |
Vitamin B3 |
Pantothensäure |
Vitamin B6 |
Adermin, Pyridoxol |
Pyridoxin |
Vitamin B7 |
Vitamin H, I oder Vitamin Bw |
Biotin |
Vitamin B9 |
Vitamin M oder Vitamin Bc |
Folsäure |
Vitamin B12 |
Erythrotin |
Cobalamin |
Vitamin C |
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Ascorbinsäure |
Vitamin D |
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Calciferol |
Vitamin E |
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Tocopherol |
Vitamin K*** |
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Phyllochinon |
* Die Buchstabenbezeichnung für die Vitamine Niacin (B3) und Pantothensäure (B5) wird in der einschlägigen Literatur unterschiedlich verwendet. So werden in folgender Literatur das Niacin auch als B5 und Pantothensäure als B3 bezeichnet: Bässler, K.-H.:Vitamin-Lexikon, Urban & Fischer, München, Jena, 2002, ISBN 3437211412 und in folgender Literatur wird Niacin beispielsweise als B3 bezeichnet: Schauder, P., Ollenschläger, G.: Ernährungsmedizin, Urban & Fischer, München, Jena, 2003, ISBN 3437229206
** Niacin (Nicotinsäureamid und Nicotinsäure)
*** Vitamin K (K1 Phyllochinon, K2 Menachinon) Weitere, in der Literatur und anderen Ländern verwendete
Trivialnamen für Vitamine:
Trivialname |
Erläuterungen |
Vitamin B4 |
frühere Bezeichnung für Adenin und Cholin |
Vitamin B5 |
veraltete Bezeichnung für Pantothensäure und auch Vitamin B3 |
Vitamin B7 |
veraltete Bezeichnung für Biotin |
Vitamin B8 |
ungebräuchliche Bezeichnung für Adenosinphosphat |
Vitamin B9 |
ungebräuchliche Bezeichnung für Folsäure |
Vitamin B10 |
wird auch als Vitamin R, oder als Paraaminobenzolsäure bezeichnet und ist ein Mix aus Vitaminen der B-Gruppe |
Vitamin B11 |
wird auch als Vitamin S bezeichnet |
Vitamin B13 |
ungebräuchliche Bezeichnung für Orotsäure |
Vitamin B14 |
ist ein Mix aus Vitamin B10 und B11 |
Vitamin B15 |
ungebräuchliche Bezeichnung für Pangamsäure |
Vitamin B16 |
wird dem Vitamin B6 Pyridoxin zugeordnet |
Vitamin B22 |
soll ein Bestandteil von Aloevera-Extrakt sein |
Vitamin BH |
vorschnelle Einordnung als Vitamin von para-Aminobenzoesäure |
Vitamin BT |
vorschnelle Einordnung von L-Carnitine als Vitamine (nicht essentiell für den Menschen) |
Vitamin BX |
ungebräuchliche Bezeichnung für para-Aminobenzolsäure |
Vitamin F |
alle essentiellen Fettsäuren, insbesondere Linolsäure und Linolensäure |
Vitamin H |
Trivialname für Biotin (auch Vitamin B7) |
Vitamin I/J |
angeblich nachgewiesene Stoffe mit Eigenschaften des Vitamin C Ascorbinsäure |
Vitamin
P |
wird auch als Permeabilitätsvitamin bezeichnet |
Vitamin PP |
Trivialname für Nicotin(säure)amid, siehe auch Vitamin B3 |
Beschreibung
Vitamine sind wissenschaftlich gesehen keine chemisch einheitliche Stoffgruppe. Sie sind organische Verbindungen, die biologische Vorgänge im menschlichen (und tierischen) Organismus regulieren. Vitamine zählen, wie auch die Mineralstoffe und Spurenelemente, zu den nicht energieliefernden Nährstoffen, die der Körper zur Erhaltung seines Lebens und seiner Leistungsfähigkeit unbedingt benötigt. Da es sich bei den Vitaminen um recht komplizierte organische Moleküle handelt, kommen sie in der unbelebten Natur nicht vor. Vitamine müssen erst von Pflanzen, Bakterien oder Tieren gebildet werden. Der Mensch ist, bis auf wenige Ausnahmen, bei denen er bestimmte Vitamine selber erzeugen kann, auf die Aufnahme über die Nahrung angewiesen. Vitamine sind essentielle Wirkstoffe, das heißt dass sie zur Aufrechterhaltung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit des menschlichen Organismus lebensnotwendig sind. Einige Vitamine werden dem Körper als Vorstufe (Provitamine) zugeführt, die erst im Körper in die entsprechende Wirkform umgewandelt werden.
Als Provitamine bezeichnet man die biologische Vorstufe eines Vitamins, wie beispielsweise das von Pflanzen gebildete Beta-Carotin (?-Carotin), das dann von Tieren oder Menschen in Vitamin A Retinol umgewandelt wird.
Im Körper können bestimmte Vitamine gespeichert werden, man kann diese sozusagen auf Vorrat essen, andere wiederum können nicht gespeichert werden, sondern müssen über die Nahrung laufend zugeführt werden. Danach werden die Vitamine in zwei Gruppen eingeteilt: in die Gruppe der fettlöslichen, speicherbaren Vitamine und die Gruppe der wasserlöslichen, nicht speicherbaren Vitamine.
* Zu den fettlöslichen Vitaminen gehören:
A Retinol, Beta-Carotin, D Calciferol, E Tocopherol und K Phyllochinon. Letzteres kann allerdings trotz seiner Fettlöslichkeit nur in unbedeutenden Mengen vom Körper gespeichert werden.
* Zu den wasserlöslichen Vitaminen gehören die acht Vitamine des B-Komplexes.
Dies ist eine Sammelbezeichnung wasserlöslicher Vitamine, unterschiedlicher, chemischer Zusammensetzung. Sie sind in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Einzelne B-Vitamine kommen in der Natur niemals isoliert vor. Sie wirken aus diesem Grund in der Regel auch im Verbund.
B1 Thiamin, B2 Riboflavin, B3 Niacin (Nicotinsäureamid und Nicotinsäure), B5 Pantothensäure, B6 Pyridoxin, B7 Biotin, B9 Folsäure, B12 Cobalamin, sowie zusätzlich das Vitamin C Ascorbinsäure.
Eine Ausnahme bildet das Vitamin B12 Cobalamin. Es kann trotz seiner Wasserlöslichkeit vom Organismus gespeichert werden.
Aufgabe / Funktion
Vitamine sorgen grundsätzlich für das Funktionieren des Stoffwechsels, wo sie katalytisch und steuernd wirken. Ihre Aufgabe besteht in einer Regulierung der Verwertung von Nährstoffen wie Kohlenhydrate, Eiweiße und Mineralstoffe, sorgen für deren Ab- beziehungsweise Umbau und dienen somit auch der Energiegewinnung. Vitamine stärken das Immunsystem und sind unverzichtbar beim Aufbau von Zellen, Blutkörperchen, Knochen und Zähnen. Jedes einzelne Vitamin erfüllt bestimmte Aufgaben. Sie unterscheiden sich dadurch auch hinsichtlich ihrer verschiedenartigen Wirkungsweise. Einige stellen Koenzyme dar, andere wirken als Hormone oder greifen in die Regulation des Stoffwechsels ein.
Vorkommen
In der nachfolgenden Tabelle werden nur einige Beispiele für das Vorkommen und die Wirkungen der Vitamine genannt. Mehr dazu ist unter dem Artikel des einzelnen Vitamins zu finden. Während gesichert ist, dass beispielsweise Zitrusfrüchte Vitamin C enthalten, so ist es hingegen schwer, eine quantifizierte Aussage zu treffen: Der Vitamingehalt der Ausgangsprodukte ist abhängig von zahlreichen Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Lagerdauer etc. Auch die Zubereitungstemperatur und -dauer können eine Rolle spielen, da viele Vitamine nicht hitzestabil sind. Der genaue Vitaminbedarf eines einzelnen Individuums (siehe unten) ist allerdings auch nicht geklärt, so dass es beim aktuellen Stand der Forschung nicht möglich ist zu entscheiden, wann die "richtige" Vitaminmenge aufgenommen wurde.
Von den 13 Vitaminen, die in der medizinischen Wissenschaft als unerlässlich gelten, sind zwei nicht in strengem Sinne essentiell, nämlich Vitamin D (Calciferol) und Niacin (Vitamin B3). Begründet wird dies damit, dass Stoffe mit Vitamin D- und Niacin-Eigenschaften vom Körper unter bestimmten Umständen selbst gebildet (synthetisiert) werden können. So kann Vitamin D3 Cholecalciferol beispielsweise unter Einwirkung des Sonnenlichtes aus 7-Dehydrocholesterin, einem biologischen Derivat des Cholesterin, entstehen. Niacin kann beim Abbau des Tryptophans gebildet werden.
Einige Bakterien der Darmflora sind in der Lage, die Vitamine K und B12 zu synthetisieren. Falls sie durch die Einnahme starker Antibiotika zerstört werden, kann leicht ein Mangel entstehen. Es gibt allerdings medizinische Möglichkeiten, diese Bakterien wieder im Darm anzusiedeln.
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